Mastzellen-Trigger: Hormone

24 Sep 2024

Geht es euch mit MCAS jeden Tag gleich? Mir nicht. Sehr schnell habe ich gemerkt, dass bestimmte Phasen im Monat sehr viel schlechter als andere sind. Aus diesem Grund begann ich zu recherchieren, was Hormone und der weibliche Zyklus vielleicht mit MCAS zu tun haben könnten und stieß auf interessante Zusammenhänge, über die ich euch heute berichten möchte.
Wie immer ersetzt dieser Beitrag keine ärztliche Behandlung, sondern dient als Informationsquelle und Grundlage zur Erforschung eurer individuellen Mastzellen-Trigger.

Welchen Einfluss haben Hormone auf MCAS?

Mastzellen besitzen viele verschiedene Rezeptoren, die zu einer Aktivierung führen können. Darunter auch Hormonrezeptoren. Hier bedarf es noch einiger Forschung, da noch nicht alle Zusammenhänge komplett verstanden sind. Bekannt ist aber, dass Östrogene zu einer verstärkten Freisetzung von Mastzellbotenstoffen führen können. Die Hormone Progesteron und Testosteron hingegen sollen die Mediatorfreisetzung hemmen.

Ausschlaggebend für den Gesamtzustand ist das Verhältnis der verschiedenen Hormone zueinander. Liegt eine Dominanz von Östrogen vor, führt dies zu einer Verschlechterung der Symptome. Wenn Progesteron dominiert, kann dies zu einer Verbesserung führen.

Einfluss auf dieses empfindliche Gleichgewicht haben die folgenden Faktoren:

  • Monatszyklus der Frau (“Periode”, Menstruation)
  • Hormonelle Verhütungsmittel (die Pille, Antibabypille)
  • Hormontherapien mit weiblichen Hormonen (Östrogene, Estradiol)
  • Hormonaktive Umweltschadstoffe, endokrine Disruptoren
  • Hormonaktive Lebensmittel, Phytoöstrogene, z.B. Hopfen, Bier, Sojaprodukte

Mastzellen besitzen zudem viele weitere Rezeptoren für Geschlechtshormone.
In Versuchen an Ratten wurde festgestellt, dass auch die Vorhormone LH (luteinisierendes Hormon) und FSH (Follikelstimulierendes Hormon) zu einer stärkeren Aktivierung von Mastzellen führen.

Mastzellen und Endometriose

Zwischen Endometriose und MCAS scheint es gewisse Zusammenhänge zu geben. Endometriose ist eine Erkrankung, bei der gutartige, meist schmerzhafte Wucherungen aus gebärmutterschleimhautartigem Gewebe außerhalb der Gebärmutter in benachbarten Organen und Geweben wächst.

Untersuchungen haben ergeben, dass bei Patientinnen mit einer schweren Endometriose (Grad IV) vermehrt Mastzellen gefunden wurden, die teilweise granuliert waren und Stoffe wie Histamin und Leukotriene freisetzten.

Eine kleine, nicht repräsentative Umfrage unter Personen mit einem Histamin- oder Mastzellmediatorsyndrom hat ergeben, dass vielleicht etwa die Hälfte angibt, auch an Endometriose zu leiden. Die übrigen Befragten sind Männer oder haben die Endometriose nicht abklären lassen bzw. haben noch nie davon gehört. Und in einer weiteren Studie konnte gezeigt werden, dass eine Mastzelltherapie die Endometriose-Symptome bessert.

Meine Erfahrungen mit MCAS und Hormonen

Ich habe über einige Monate meine Beschwerden in Relation zu meinem Zyklus aufgezeichnet. Dabei hat sich folgendes Bild monatlich wiederholt:
Die Beschwerden nahmen ihren Höhepunkt rund um den Eisprung von Tag 11-17 und dann noch einmal zum Ende des Zyklus von Tag 24-28.
Die Betrachtung einer typischen Zykluskurve zeigt, dass im Zeitraum rund um den Eisprung Östrogen, LH und FSH stark ansteigen, was eine vermehrte Aktivierung der Mastzellen erklären kann. Zum Ende des Zyklus fallen Progesteron und Östrogen, FSH verzeichnet einen leichten Anstieg.  

Wie kann man die Hormone bestimmen lassen?

Die Bestimmung der verschiedenen Hormone ist über eine Blutabnahme möglich. Wenn ihr dies vorhabt, rate ich dazu, diese durchzuführen, wenn eure Beschwerden auf dem Höhepunkt sind, um aussagekräftige Ergebnisse zu erhalten. Einen Arzt zu finden, der dieses Thema ernst nimmt und bereit ist, Hormone zu messen, ist leider nicht so leicht. Von verschiedenen Frauenärzten bekam ich die Aussage, dass wenn ich meine Menstruation regelmäßig bekomme, ja alles mit den Hormonen in Ordnung sein müsse und eine Messung überflüssig wäre.


Ich hatte jedoch nach mehreren Versuchen das Glück, eine Ärztin zu finden, die mich dann unterstütze und in der letzten Phase des Zyklus im Blut die Hormone bestimmte. Also auch hier sind Beharrlichkeit und ggf. ein Wechsel des Facharztes notwendig, um Unterstützung zu erhalten.

Das Ergebnis der Messung überraschte mich nicht: Wie vermutet herrschte eine Östrogendominanz, entsprechend ein Mangel an Progesteron und FSH. Zudem habe ich Copeptin mitbestimmen lassen, aufgrund meiner Unverträglichkeit von Kohlehydraten. Dieses lag viel zu niedrig, was für einen Diabetes insipidus sprechen könnte (ein Nebenbefund, um den ich mich auch kümmern werde, sobald ich einen Facharzt gefunden habe).

Dieses Ergebnis passt zu den oben beschriebenen allgemeinen Untersuchungen und ermutigt mich, Wege zu suchen, meine Hormone wieder ins Gleichgewicht zu bringen.

Welche Möglichkeiten gibt es, die Hormone ins Gleichgewicht zu bringen?

Frauenärzte verschreiben gerne Hormonpräparate wie die Pille. Leider hatte ich damit in der Vergangenheit keine guten Erfahrungen gemacht und diverse Nebenwirkungen wie Kopfschmerzen, Stimmungsschwankungen und Blasenentzündungen heraufbeschworen.

Der Abbau mancher synthetischen Hormone im Körper erfolgt langsamer als bei natürlichen Hormonen. Sie können also länger im Körper bleiben. Die Stoffwechselprodukte synthetischer Hormone können auch stärker wirken als natürliche Hormone oder mit anderen Rezeptoren interagieren. Dies bedeutet, dass sie ein unterschiedliches Aktivitätsspektrum aufweisen können. Eine leichtfertige Einnahme synthetischer Hormone kommt für mich aufgrund dieser Umstände und meiner vergangenen Erfahrungen nicht infrage.

Vielmehr versuche ich, die Quellen, die zu einer Hormonimbalance führen, nach und nach anzugehen.

Hormon-Disruptoren

Ein besonderes Augenmerk lege ich auf hormonaktive Stoffe aus der Umwelt. Stiftung Ökotest untersucht regelmäßig Produkte auf schädliche Inhaltsstoffe. Dabei kommt zu Tage, dass viele Kosmetik- und Pflegeprodukte mit hormonaktiven Substanzen belastet sind. Egal ob Schminkartikel, Duschgels, Shampoos, Deo, Rasierschaum oder auch Waschmittel – alle können Stoffe enthalten, die sich auf unsere Hormone auswirken und das empfindliche Gleichgewicht stören.
Für die Prüfung, welche Produkte betroffen sind, gibt es eine sehr nützliche App: ToxFox vom BUND. Diese ist kostenfrei und man kann schon beim Einkaufen den Barcode der Produkte scannen und überprüfen, ob schädliche Stoffe enthalten sind.

Lebensmittel

Auch Lebensmittel können auf den Körper hormonähnlich wirken. Sie enthalten sogenannte Phytoöstrogene, die z.B. in Hopfen, Bier oder Sojaprodukten vorkommen.

Mit Sojabohnen habe ich selbst eine sehr negative Erfahrung gemacht. Eine TCM-Ärztin empfahl mir einst, täglich gekochte Sojabohnen zu essen. Natürlich habe ich das ausprobiert und konnte schon beim ersten Mal damit Schmerzen auslösen, was ein zweiter Versuch bestätigte. Seither habe ich von weiteren Versuchen abgesehen und meide diese Lebensmittel.

Auch Fleisch und Kuhmilchprodukte sind nicht optimal. Milch kann größere Mengen von Hormonen, u.a. Östrogen enthalten. Laut dem Bundesinstitut für Risikobewertung stammt ein erheblicher Anteil der von einem Erwachsenen über diese Lebensmittel täglich aufgenommenen Gesamtmenge an Östrogen (ca. 60 %) und Progesteron (ca. 80 %) aus Kuhmilch.

Das Fleisch von Tieren, die mit Getreiden wie Weizen oder Mais gefüttert werden, kann ebenfalls mit einem Stoff belastet sein, der beim Verschimmeln dieser Getreide entsteht und im Körper hormonell wirkt. Durch den Konsum des entsprechenden Fleisches gelangt dieser Stoff in unsere Körper.

Als Konsequenz versuche ich, nur Fleisch aus Weidehaltung zu essen, bei der die Tiere überwiegend Gras fressen und habe den Konsum von Milchprodukten stark eingeschränkt.

Habt ihr auch Erfahrungen mit der Wirkung von Hormonen auf euer MCAS gemacht oder weitere Ansatzpunkte?
Meldet euch gerne für ein Feedback oder einen Austausch: pia.bock@mcas-hope.de.

Quellen:

1.
https://www.mastzellaktivierung.info/de/therapie_ausloesermeiden.html

2.
Anaf V, Chapron C, El Nakadi I, De Moor V, Simonart T, Noël JC. Pain, mast cells, and nerves in peritoneal, ovarian, and deep infiltrating endometriosis. Fertil Steril. 2006;86(5):1336-1343. doi:10.1016/j.fertnstert.2006.03.057

3.
Zierau O, Zenclussen AC, Jensen F. Role of female sex hormones, estradiol and progesterone, in mast cell behavior. Front Immunol. 2012;3. doi:10.3389/fimmu.2012.00169

4.
https://www.frauenaerzte-im-netz.de/erkrankungen/endometriose/#:~:text=Endometriose%20z%C3%A4hlt%20mit%20zu%20den,benachbarten%20Organen%20und%20Geweben%20w%C3%A4chst.

5.
https://www.bund.net/themen/chemie/toxfox/?gad_source=1&gclid=CjwKCAjwl6-3BhBWEiwApN6_kuIjxVPTuJlDcmh_CWbRheqSkaGdNBk1xJXbe4h7wSiu6RfYj6cxkhoCy4oQAvD_BwE

6.
https://www.bfr.bund.de/cm/343/fragen-und-antworten-zu-hormonen-in-fleisch.pdf

7.
https://www.mastzellaktivierung.info/de/mastzellerkrankungen_begleiterkrankungen.html