MCAS – „dies und das“

10 Juni 2024

Liebe MCAS-Geplagte, -Mitstreiter, -Freunde,

unter dieser Rubrik möchte ich euch gerne an meinen Gedanken, Einsichten und Ansichten sowie Erfahrungen rund um das Thema MCAS teilhaben lassen. Wenn euch dies ansprechen sollte, ihr ähnliche Erfahrungen gemacht habt oder auch vielleicht ganz anderer Meinung seid, könnt ihr mich gerne per Mail anschreiben – Antje.Friedrich@gmx.de!

MCAS: Das Leben vorher und nachher

Mit Sicherheit kennt ihr das auch: Es gibt ein Leben vor MCAS und das danach – oder sollte ich besser sagen, das Leben mit MCAS. Gerade in Phasen, in denen es nicht gut läuft, gar nichts mehr geht und man das Gefühl hat, auf der Stelle zu treten, kommen dann mal gerne und wehmütig die Erinnerungen hoch, wie das Leben vor MCAS gewesen ist. Man konnte essen, wann, was und auch wo man wollte. Man hat sich beim Sport ausgepowert, die „Superwoman“ hat jegliche Arbeit gewuppt und gleichzeitig das Familienleben gestemmt. Kein Berg war zu hoch, als dass man diesen nicht erklimmen konnte. Und am nächsten Tag ging alles seinen gewohnten Gang weiter. Man plante euphorisch den nächsten Urlaub, Geburtstage, Treffen mit Freunden, das nächste Projekt etc. – lief ja immer!

And along comes MCAS…

Mal abgesehen von der ganzen Ärzte-Odyssee, dem Nicht-Ahnen, was einem eigentlich da widerfährt, dem „Kampf gegen Windmühlen“ und der schließlich doch schon erlösenden Diagnose mit dem Wermutstropfen, dass es gegen MCAS direkt keine Medikamente gibt: Wenn man in einem heftigen Schub steckt, wünscht man sich oft mehr als einmal sein altes Leben zurück. Zu wissen, dass eine Erkältung nur 7 Tage dauert, auch ein schwerer Infekt irgendwann ausgestanden ist und man irgendwann wie gewohnt weitermachen kann – das ist nicht mehr so. Und so schwelgt man in Erinnerungen – sofern man überhaupt noch den Kopf dazu hat. Denn der von allen so gefürchtete „Brain-Fog“ schiebt auch solche Erinnerungen gerne ins Nirvana. Man „existiert einfach nur“, im Bett mit abgedunkelten Fenstern oder auf dem Sofa. Und wann ist dieser Wahnsinn vorbei? Bei MCAS heißt es oft: you‘ll never know. Es kann in ein paar Tagen besser sein, kann sich aber auch gut 2 Wochen oder länger hinziehen.

Soll das nun heißen, das Leben ist vorbei?

Nun, wenn ich ehrlich zu mir selbst bin: War mein vorheriges Leben immer nur toll? Nein – definitiv nicht. Was ich absolut nicht vermisse, ist das Leben auf der ständigen Überholspur. Ich kam irgendwie nie richtig zur Ruhe. Wenn ein neues Amt im Vereins- oder Schulleben ins Leben gerufen wurde, rief ich gleich „hier“. Die Bitte der Kollegin, Arbeit von ihr zu übernehmen, Überstunden, Arbeit in der Freizeit – ich sagte nicht nein! Ich besaß einen exorbitant großen Freundes- und Bekanntenkreis, den ich in meiner freien Zeit zusätzlich bediente. Organisation von Familienfeiern – na klar, gerne doch!

Heute besinne ich mich auf die Dinge im Leben, die wirklich zählen: der engste Familienkreis, Freunde, die trotz MCAS geblieben und vielleicht auch wegen MCAS dazu gekommen sind. Zu mir selbst zu kommen.  Mich zu fragen, was ist wichtig. Und was unwichtig ist, kann man getrost außer Acht lassen. Den kleinen Dingen eine große Wertschätzung einzuräumen. Zum Beispiel freue ich mich, wenn ich mir aus verträglichen Zutaten eine darmfreundliche Fleischsuppe zubereitet habe, die auch noch fantastisch schmeckt. Ich genieße jeden einzelnen Bissen davon. Ich erfreue mich daran, dass beispielsweise heute doch noch die Sonne herausgekommen ist und mich draußen beim Schreiben wärmt. Das Treffen, das mit Freundinnen wider Erwarten zustande gekommen ist, genieße ich im Rückblick beim Ausruhen auf dem Sofa. Ich sehe zurück und sage mir: „Wahnsinn, trotz MCAS habe ich diesen tollen Ausflug, den Besuch in der Heimat, den Kurzurlaub… machen können!“
Ich habe gelernt, auch mal nein zu sagen und meine Grenzen anzuerkennen und zu respektieren – gerade bei MCAS ist dies so unglaublich wichtig. Ich gehe achtsam mit meinen Energiereserven um.

Habe ich durch MCAS alles verloren?

Nein!

Ich habe so viel an Erfahrung, echten Freundschaften, guten Gesprächen, einem ausgeprägteren Selbstbewusstsein (nicht nur Ärzten gegenüber) und einer sinnvollen Lebenseinstellung dazu gewonnen.

Natürlich ist MCAS auch mal ein A…, welches mich ausbremst, mich enttäuscht zurückwirft und das Leben außerhalb meines Radius stattfinden lässt. Aber wie sagt man so schön: Es kommen immer auch bessere Zeiten und wenn das Leben dir Zitronen gibt, mach eine Limonade daraus.

In diesem Sinne wünsche ich euch bessere Zeiten und viel „Limonade“!

Eure Antje