Das Problem “Gluten”

06 Feb 2023

#wasNinaChenhilft

Unsere liebe Nina Chen hat sich mal wieder viel Mühe gegeben! Diesmal hat sie sich mit dem Thema bzw. dem Problem “Gluten” beschäftigt. Viel Spaß beim Lesen!

Die schlechte Nachricht zuerst: Gluten setzt immer einen Entzündungsreiz und macht sozusagen Löcher in den Darm – und zwar bei jedem! Normal „gesunde“ Menschen können ein gewisses Maß an Gluten abpuffern. Schwierig wird es bei allen Menschen mit einer

  • Zöliakie, 
  • Glutensensitivität bzw. Intoleranz (Non-Celiac Gluten Sensitivity)
  • MCAS
  • Autoimmunerkrankung, 
  • mit Nahrungsmittelintoleranzen, 
  • Reizdarm,
  • und bei allen Menschen mit sonstigen chronisch entzündlichen Erkrankungen, wie z.B. Rheuma.

Wir schädigen unsere Darmschutzbarriere nachhaltig durch den Konsum von Gluten. Dieses führt zu einem sogenannten Leaky Gut Syndrom („löchriger-Darm-Syndrom“).

Besondern fatal wird es, wenn wir ohne von einer Glutenintoleranz zu wissen, weiter Gluten konsumieren, denn eine Glutenintoleranz äußert sich nicht zwangsläufig mit Bauchschmerzen. Sie kann sich auch ganz unspezifisch mit Kopfschmerzen oder Müdigkeit, Stimmungsschwankungen, Ausschlag/Rosacea oder vermindertem Knochenwachstum äußern. 

Doch warum ist das Leaky Gut Syndrom so problematisch?

Wenn der Darm undicht ist, gelangen unvollständig verdaute Nahrungspartikel, aber auch Giftstoffe ungehindert ins Blut. Der Körper betrachtet die Eindringlinge als Angreifer. Und wie immer, wenn er sich angegriffen fühlt, fährt er auch jetzt sein übliches Abwehrprogramm und beantwortet den „Angriff“ mit einer Immunreaktion. 

Leidest du an einer unerkannten/ bekannten Autoimmunerkrankung oder an einer anderen Darmproblematik wie Nahrunsmittelintoleranzen, reagiert das ohnehin schon überaktivierte Immunsystem massiv mit einer Antikörperbildung auf diese Proteine. 

Bei jemandem, dessen Immunsystem und Darm in Ordnung ist, wäre dieses relativ unproblematisch.

Bei Menschen mit Darmstörungen und Autoimmunerkrankungen ist es dementsprechend problematisch und setzt einen Kreislauf aus Entzündungsreiz, Immunreaktion und Entzündungsreaktion in Gang.

Mit der Zeit führt diese Immunreaktion gegen Gluten zu erheblichen Entzündungsprozessen im Darm und zur gleichzeitig fortschreitenden Zerstörung der Dünndarmzotten. Wer unter chronischen Entzündungen und Darmproblematiken jeglicher Art leidet, und dazu gehören ebenfalls die Mastzellaktivierung, sollte Gluten deshalb umgehend aus seiner Ernährung streichen. 

Zu allem Unglück können diese Nahrungspartikel nun auch bis zum Gehirn „schwimmen“. Eigentlich ist das Gehirn gut geschützt durch die sogenante Blut-Hirn-Schranke. Neue Untersuchungen zeigen aber leider, dass nicht nur die Durchlässigkeit der Darmschleimhaut, sondern auch die der Blut-Hirn-Schranke erhöht ist. 

Hier ist folgende Tatsache spannend: und erklärt gewissermaßen, warum ein Croissant und Milchweckchen einen solchen Reiz auf uns ausüben. Frau Dr. Anne Fleck erklärt es folgendermaßen:

Bestimmte Bestandteile von Gluten ähneln den Opioiden. Opioide sind Substanzen, die uns ein wohliges Gefühl vermitteln und schmerzlindernd wirken. Endorphine, unsere körpereigenen „Glücklich-und-zufrieden-Macher“ sind ebenfalls ähnlich aufgebaut. Sowohl in unserem Darm als auch unserem Gehirn finden sich empfindliche Opioid-Rezeptoren, an die die Endorphine und die als Opioide verkleideten Gluten-Teilchen andocken und uns ein angenehmes Gefühl verschaffen. Daher kann alles, was dazu führt, dass wir uns wohlfühlen, süchtig machen: Sport, Drogen, Sex, Zucker und eben auch glutenhaltige Nahrungsmittel.

Das Problem Autoimmunerkrankung und Gluten

Für den Körper sieht Gliadin, ein Gluten-Protein, der Transglutaminase sehr ähnlich, einem Enzym, das benötigt wird, um chemische Verbindungen im gesamten menschlichen Körper zu bilden. Dieses Enzym ist in vielen Organen vorhanden, aber die Schilddrüse besitzt eine höhere Konzentration. Wenn das Immunsystem Gliadin angreift, greifen die Antikörper auch die Schilddrüse an. Da die Immunantwort anhält, erleidet die Schilddrüse bis zu 6 Monate nach dem Verzehr von Gluten Schäden.

Daher kann nicht nur die Verdauungsgesundheit leiden, wenn Menschen mit Zöliakie, Intoleranz und entzündlichen Erkrankungen über einen längeren Zeitraum Gluten konsumieren, sondern auch die Gesundheit der Schilddrüse wird drastisch beeinträchtigt.

Eine inaktive oder unterproduktive Schilddrüse kann die korrekte Hormonsynthese und den Stoffwechsel stören und auch Gewicht und Energie beeinflussen.

Und hier schließt sich der dramatische Kreis: Je schwerer die Autoimmunerkrankung, desto ausgeprägter ist das sog. Leaky-Gut-Syndrom. Im schlimmsten Fall ist es bei jemandem mit einer Autoimmunerkrankung so, dass die Darmschutzbarriere nicht mehr vorhanden sind. Das heißt, noch die kleinste Menge an Gluten kommt direkt an den Enterozyten an und zerstört ihn und bildet sozusagen ein Loch. Infolgedessen können Fremdproteine jeglicher Art in den Körper eindringen.  Der Körper entwickelt wiederrum Antikörper auf die Fremdproteine aus, dadurch wird das Schilddrüsengewebe noch weiter angegriffen.

Mediziner wie Daniel Leffler von der Harvard Medical School warnen nicht nur Zöliakie-Kranke vor Gluten:

„Gluten ist für alle Menschen weitgehend unverdaulich. Jeder von uns ist mehr oder weniger glutenintolerant.“ 

Wie stellt man eine Unverträglichkeit fest?

Schilddrüsenpatienten und andere Patienten, die sich auf Glutenintoleranz testen lassen wollen, erhalten durch die üblichen Bluttests leider keine verlässlichen Ergebnisse. Antikörpertests zielen üblicherweise nur auf einen bestimmten Teil des Glutens ab, nämlich auf alpha-Gliadin. Unbeachtet bleiben diverse andere Glutenbestandteile wie omega-Gliadin, gamma-Gliadin, Weizenkeimagglutinin etc., die gleichermaßen für eine Immunreaktion verantwortlich sein können. Bei weniger ausgeprägten Fällen von Glutenunverträglichkeit schlagen Bluttests erst recht fehl und verkennen dadurch bereits aktive Entzündungen im Körper.

Der Arzt Dr. Kenneth Fine, medizinischer Leiter des innovativen Labors EnteroLab, hält Stuhlanalysen für wesentlich akkurater. Mit dieser speziell entwickelten Testmethode auf Glutenintoleranz werden Antikörper ermittelt, die im Darm produziert werden, noch bevor sie in die Blutbahn übergehen. Fine hat auf diese Weise herausgefunden, dass einer von drei US-Amerikanern glutenintolerant ist. – Ähnlich dürfte die Quote in Europa ausfallen. 

Auch Dr. Anne Fleck, Rheumatologin, Ernährungs- und Präventivmedizinerin, empfiehlt den Antikörpertest auf Gluten im Stuhl, sowie die Anti-Gliadin-Antikörper (AGA) und Desaminierte Gliadin Antikörper (DGA) oder aber auch ganz einfach der Selbsttest  bzw. die Weglass-Diät, 

… und in jedem mit MCAS oder einer entzündlichen chronischen Erkrankung die Gluten-Abstinenz.

Ich selber habe eine Glutenintolernaz/Non-celiac gluten sensitivity und das definitiv schon mein Leben lang. Schon als Kind war mir immer übel nach einem Baguette und meine Eltern schoben dieses darauf, dass ich einfach zu viel gegessen hatte. Leider hat es 36 Jahre gebraucht, um meine gute versteckte Glutenintoleranz zu erkennen. Meine Symptome waren außer diversen Darmstörungen vor allem Migräne und Müdigkeit. Ich ernähre mich seitdem komplett glutenfrei, außerdem milcheiweißfrei, pflanzenbasiert und zuckerfrei. Diese Ernährung kann ich sehr empfehlen, da gerade bei MCAS jeglicher zusätzliche Entzündungsreiz unsere Mastzellen weiter triggern kann. 

Die wirklich gute Nachricht: Es gibt wunderbare Möglichkeiten, glutenfrei zu kochen und zu backen und Eurem Körper damit etwas Gutes zu tun!

Herzliche Grüße

Eure Nina Chen

Literatur:

Hollon, J et al: Effect of Gliadin on Permeability of Intestinal Biopsy Explants from Celiac Disease Patients and Patients with non-Celiac Glutensensitivity. Nutrients. 2015; no 3. Feb 27: 1565-1576

Fasano,A.: All disease beginns in the (leaky)gut: role of zonulin-mediated gut permeability in the pathogenesiss of some chronic inflammatory diseases. F1000Res.2020: Jan 31;9: F1000 Faculty Rev-69. doi: 1012688/f1000research.20510.1 eCollection 2020.PMID: 32051759